Am 19. Mai 2019 stimmten Schweizerinnen und Schweizer über die AHV-Steuervorlage an der Urne ab. Dabei handelte es sich um eine Neuauflage der im 2017 gescheiterten Unternehmenssteuerreform III. Während der Herbstsession 2018 hat das Parlament das Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF) mit dem Ziel verabschiedet, ein international wettbewerbsfähiges Steuersystem für Unternehmen zu schaffen und einen Beitrag zur Sicherung der AHV-Renten zu leisten.
AHV-Steuervorlage
Bis anhin haben vor allem ansässige Holding- und Verwaltungsgesellschaften, welche ihren Umsatz und ihre Kosten im Ausland erzeugen, von reduzierten Steuersätzen profitiert. Die EU (Europäische Union) und OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) erlauben diese Sonderbehandlung jedoch nicht mehr. Deshalb ist die Schweiz verpflichtet, international akzeptierte Steuerregeln einzuführen. Schweizweit ziehen heutzutage ungefähr 24’000 Unternehmen ihren Nutzen aus dieser Sonderbesteuerung. Diese engagieren über 100’000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und liefern Bund und Kanton mehrere Millionen Franken Gewinnsteuern. Um zu verhindern, dass diese Unternehmen aus steuerlichen Gründen die Schweiz verlassen und somit dem Bund und den Kantonen Millionen von Steuergeldern fehlen, wollte das Parlament mit der Steuervorlage den Wegfall der Sonderbesteuerung bewältigen. Mit der AHV-Steuervorlage garantiert der Bund den Kantonen international akzeptierte Ersatzinstrumente für die heutigen Steuerprivilegien sowie finanzielle Mittel, um bei Bedarf ihre Gewinnsteuern zu senken. Die Vorlage bildet ein kurzfristiges Finanzloch in der Höhe von zwei Milliarden Franken. Deshalb werden zur Stabilisierung der AHV die Beiträge erhöht. KMU’s werden dank der STAF entlastet. Grosskonzerne dagegen müssen einen höheren Betrag an Steuergeldern abgeben. Des Weiteren wird dank der Vorlage die Deckungslücke in der ersten Säule der Altersvorsorge reduziert. Die geplante Zusatzfinanzierung durch die AHV-Steuervorlage entlastet den AHV-Fond für die kommenden Jahre. Davon profitiert die ganze Bevölkerung.
Die neuen Rahmenbedingungen der Unternehmensbesteuerung stärken die Rechtssicherheit aller Unternehmen. Des Weiteren sichern sie Arbeitsplätze in der Schweiz, indem sie die Wettbewerbsfähigkeit unseres Wirtschaftsstandortes entscheidend verbessern. Somit sind kontinuierliche Beiträge zur Sicherung der Steuereinnahmen beim Bund, den Kantonen und Gemeinden langfristig gesichert.
Die STAF durfte auf eine breite Unterstützung zählen. Der Bundesrat, das Parlament, politische Parteien von links und rechts, verschiedenste Gewerkschaften, economiesuisse sowie etliche Wirtschaftsverbände und die Schweizerische Bankiervereinigung sprachen sich klar für die AHV-Vorlage aus.
Mit dem deutlichen Ja haben die Schweizer Stimmberechtigten der Vorlage zugestimmt. Was bedeutet dieses Ja nun für die einzelnen Unternehmen?
Folgen des Ja an der Urne
Für die vorwiegend im Ausland tätigen Unternehmen werden die bis anhin geltenden Privilegien abgeschafft. Um den Wirtschaftsstandort «Schweiz» aufrecht zu erhalten, schafft die Reform mit der Patentbox und der zinsbereinigten Kapitalsteuer zwei neue, international akzeptierte Vergünstigungen, von welchen alle Unternehmen profitieren können. Die sogenannte Patentbox bewirkt, dass der Gewinn aus Patenten und vergleichbaren Rechten auf kantonaler Ebene reduziert besteuert werden kann. Die urheberrechtlich geschützte Software kann nicht in die Patentbox integriert werden. Von vielen verschiedenen europäischen Staaten wird die Patentbox bereits heute schon angewendet. In einem ersten Schritt wird bei der Patentbox der Erfolg aus qualifizierenden Immaterialgütern ermittelt. Danach folgt in einem zweiten Schritt die Anwendung des sogenannten Skalierungsfaktors. Somit führt die Patentbox zu einer Reduktion der steuerlichen Bemessungsgrundlage, auf welche dann der ordentliche Gewinnsteuersatz Anwendung findet. Bevor man von dieser Patentbox profitieren kann, müssen die entsprechenden Anwendungen der letzten zehn Jahre korrekt versteuert worden sein. Die Kantone geniessen hier einen Gestaltungsspielraum, um einen harmonischen Übergang zu schaffen.
Dank der zinsbereinigten Kapitalsteuer können Unternehmerinnen und Unternehmer fiktive Zinsen auf ihr Eigenkapital abziehen. Damit die Kantone die Gewinnsteuern für die einzelnen Unternehmen senken können, erhalten diese einen höheren Geldbetrag aus der Bundesteuer. Da ein Teil davon auch an die einzelnen Gemeinden gehen soll, erlaubt dies den Kantonen, die Mindereinnahmen, welche durch die geringere Besteuerung der Firmen entstehen, ein wenig zu kompensieren. Zukünftig werden Grosskonzerne betreffend steuerlichen Abgaben etwas tiefer in die Tasche müssen. KMU’s hingegen sollten etwas an Steuergelder einsparen können. Die Gesamtsteuerbelastung inklusive der Bundessteuer wird zukünftig in den meisten Kantonen 12-14% betragen.
Obwohl die STAF den KMU’s Schweiz weit erfolgsversprechende Optionen ermöglicht, stellt sie diese gleichzeitig vor neue Herausforderungen. Die neue Reform nimmt direkten Einfluss auf die Vermögensmassen eines Unternehmens. Um das Potential der neuen Steuerreform vollständig auszuschöpfen, besteht in den Schweizer Unternehmen Handlungsbedarf. Diese sollten schnellst möglichst ihre aktuelle Unternehmensstruktur analysieren und allenfalls Änderungen vornehmen. Eine Aufwertung der stillen Reserven kann bereits jetzt geplant werden. Des Weiteren ist es ratsam, wenn KMU’s und Statusgesellschafften das bestehende Verhältnis zwischen Lohn und Dividende prüfen. Beinahe unumgänglich ist eine Revision der Entnahmestrategie sowie der Bewirtschaftung nicht betriebsnotwendiger Mittel.
Die am 1. Januar 2020 in Kraft tretende Steuerreform wird die Unternehmensbesteuerung in der Schweiz weitgehend verändern. Dank der STAF sollte die Schweiz ihre internationale Attraktivität bewahren können. Zusätzlich schafft sie ein international anerkanntes Steuersystem. Die Reform stellt für alle Unternehmen die grösste Änderung der letzten Jahrzehnte dar.
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